Eine ältere Person praktiziert Yoga auf einer Matte im Park und macht eine Schulterstand-Übung, umgeben von üppig grünen Bäumen.

Blasen- & Harnwegsgesundheit

Beckenbodentraining gegen Inkontinenz

Ungewollter Harn- oder Stuhlverlust betrifft viele Menschen in unterschiedlichen Lebensphasen. Vielleicht hast du selbst auch schon mal bemerkt, dass sich nach einer Schwangerschaft, mit zunehmendem Alter oder nach bestimmten Erkrankungen oder Operationen etwas verändert hat. Auch wenn dieses Thema oft mit Scham behaftet ist, handelt es sich um ein weit verbreitetes Symptom mit klaren medizinischen Ursachen. Inkontinenz hat rein gar nichts mit persönlichem Versagen zu tun und ist in vielen Fällen gut behandelbar. Ein zentraler und wirkungsvoller Weg, deine Beschwerden zu lindern, ist das Beckenbodentraining. Dein Beckenboden ist eine wichtige Muskelgruppe, welche die Funktion von Blase und Darm unterstützt. Wenn du ihn gezielt trainierst, kann er seine stabilisierende und kontrollierende Aufgabe deutlich besser erfüllen.

Datum
03.09.2025
Lesezeit
7 Min
Autor:in
Stephan Hillig
Geprüft von
Dr. Christina Pfister

Kurz und knapp

  • Ein weit verbreitetes, aber oft verschwiegenes Problem: Ungewollter Harn- oder Stuhlverlust (Inkontinenz) betrifft viele Menschen in allen Lebensphasen, etwa nach Schwangerschaften oder mit zunehmendem Alter. Beckenbodentraining ist eine wissenschaftlich belegte und wirksame Methode, um die Kontrolle über Blase und Darm zurückzugewinnen.1,2,3 Es ist eine sanfte Hilfe ohne Medikamente, die oft schon nach wenigen Wochen erste Erfolge zeigt.

  • Die unsichtbare Stütze: Der Beckenboden ist eine zentrale Muskelgruppe, die wie eine Hängematte im unteren Becken liegt. Seine Hauptaufgaben sind das Stützen der Organe (Blase, Darm, Gebärmutter), das Kontrollieren der Schließmuskeln und das Stabilisieren des Rumpfes. Ein starker Beckenboden beugt nicht nur Inkontinenz vor, sondern verbessert auch die Haltung und kann die sexuelle Empfindsamkeit steigern.

  • Viele fragen sich: „Wie finde ich diesen Muskel überhaupt?“ Antwort: Das bewusste Wahrnehmen ist der erste und wichtigste Schritt. Setze oder lege dich entspannt hin. Versuche nun, die Muskeln um After und Harnröhre sanft nach innen und oben zu ziehen, als wolltest du den Urinfluss stoppen. Wichtig: Bauch, Po und Oberschenkel sollten dabei entspannt bleiben. Anfangs hilft der Trick, beim Toilettengang den Urinstrahl kurz zu unterbrechen, um ein Gefühl für die richtigen Muskeln zu bekommen (bitte nicht als regelmäßiges Training anwenden!).

  • Häufige Fehler vermeiden: Viele Menschen spannen unbewusst die falschen Muskeln an (Bauch, Po) oder halten die Luft an, was zu Verspannungen führt und kontraproduktiv ist. Atme während des Trainings ruhig und gleichmäßig weiter. Überfordere dich nicht! Steigere Dauer und Intensität nur langsam. Qualität geht vor Quantität. Ein kurzes, korrekt ausgeführtes Training ist wirksamer als langes, verkrampftes Üben.

  • Nicht nur ein Frauenthema: Obwohl Beckenbodentraining oft mit Schwangerschaft und Wechseljahren in Verbindung gebracht wird, ist es für jeden wichtig. Auch Männer können profitieren, insbesondere nach Prostataoperationen, um die Kontinenz wiederzuerlangen.4

  • Generell hilft ein starker Beckenboden in jedem Alter, die Körpermitte zu kräftigen und Problemen vorzubeugen.

  • In den Alltag integrieren statt Termine machen: Der Schlüssel zum Erfolg ist Regelmäßigkeit. Das Training muss kein extra Programmpunkt sein. Nutze Wartezeiten, z.B. beim Zähneputzen, an der Ampel, an der Kaffeemaschine im Büro. Spanne deinen Beckenboden kurz an – immer dann, wenn du gerade daran denkst. Diese kleinen, regelmäßigen Übungen im Alltag helfen oft besser als seltenes, langes Training.5  Mach es dir zur Gewohnheit.

  • Biofeedback kann helfen, wenn das Spüren schwerfällt. Kleine Geräte mit Sensoren oder Sonden messen die Muskelaktivität und geben eine direkte visuelle oder akustische Rückmeldung (z. B. über eine App). Das hilft, die Übungen korrekt auszuführen, motiviert durch sichtbare Fortschritte und ist besonders nach Operationen oder bei starker Muskelschwäche sinnvoll.

So gewinnst du die Kontrolle zurück

Regelmäßig durchgeführte Übungen für den Beckenboden helfen dir dabei, die Kontrolle über Blase und Darm zu verbessern und dein persönliches Wohlbefinden zu steigern. Wichtig ist, dass du die Übungen richtig und achtsam ausführst. Zu viel Ehrgeiz oder verkrampftes Üben bringen dich nicht weiter. Es kommt vielmehr auf eine bewusste und kontinuierliche Aktivierung deiner Beckenboden-Muskulatur an.

Anleitung zum Erspüren des Beckenbodens

Bevor du mit dem Beckenboden-Training beginnst, ist es erst mal wichtig, deinen Beckenboden bewusst wahrzunehmen. So findest du heraus, welche Muskeln du anspannen und entspannen sollst.

Diese Anleitung hilft dir dabei:

  1. Nimm eine bequeme Sitzposition ein: Setze dich z. B. auf einen Stuhl mit geradem Rücken oder lege dich entspannt auf den Rücken, die Beine leicht angewinkelt.

  2. Atme ruhig und entspannt: Nimm ein paar tiefe Atemzüge, um zur Ruhe zu kommen.

  3. Stelle dir vor, du möchtest den Urinfluss stoppen: Versuche ganz leicht die Muskeln im Intimbereich, des Afters und der Blase anzuspannen, als würdest du den Urin zurückhalten oder den Darmausgang abdichten wollen.

  4. Spüre die Anspannung: Achte darauf, dass du nur diese inneren Muskeln anspannst und nicht die Bauch-, Gesäß- oder Oberschenkelmuskeln mit anspannst.

  5. Halte die Spannung einige Sekunden und lasse dann los: Entspanne die Muskeln bewusst wieder vollständig.

Wiederhole diese Übung mehrmals, um ein Gefühl für deinen Beckenboden zu entwickeln. Wenn du dir unsicher bist, kann es helfen, beim nächsten Toilettengang bewusst den Urin kurz anzuhalten. Da diese Methode die Blase reizen kann, bitte nicht zu häufig durchführen.

Sanfte Hilfe ohne Medikamente

Beckenbodentraining ist eine bewährte Behandlungsmethode, die in vielen Fällen von Inkontinenz ohne Medikamente oder operative Maßnahmen helfen kann. Du kannst damit deinen Körper auf sanfte Weise unterstützen und so dazu beitragen, deine Beschwerden zu lindern. Wenn du dich dem Thema schrittweise näherst und erste Übungen in deinen Alltag integrierst, kann das bereits einen positiven Einfluss auf dein Wohlbefinden haben.

Welche Funktion hat der Beckenboden?

Der Beckenboden ist eine wichtige Muskelgruppe, die wie eine Art Hängematte im unteren Becken sitzt. Er stützt die Organe im Beckenbereich, darunter Blase, Gebärmutter (bei Frauen) und Darm, und sorgt dafür, dass diese an ihrem Platz bleiben. Außerdem spielt der Beckenboden eine zentrale Rolle bei der Kontrolle der Schließmuskeln von Blase und Darm. Deshalb kann eine gut funktionierende Beckenboden-Muskulatur dazu beitragen, ungewollten Urin- oder Stuhlabgang zu verhindern.

Neben dieser stützenden und kontrollierenden Aufgabe spielt der Beckenboden auch eine wichtige Rolle bei der Stabilität des Rumpfes. Wenn die Beckenboden-Muskulatur stark und gesund ist, kann das also nicht nur bei der Blasen- und Darmkontrolle helfen, sondern unterstützt auch deine Beweglichkeit und deine Haltung.

Die Aufgaben unseres Beckenbodens im Überblick:

  • Stützen: Der Beckenboden hält die inneren Organe (Blase, Darm, Gebärmutter (bei Frauen)) in ihrer Position.

  • Kontrollieren: Er unterstützt maßgeblich die Steuerung der Schließmuskeln, also die Fähigkeit, Urin und Stuhl sicher zurückzuhalten.

  • Stabilisieren: Ein kräftiger Beckenboden unterstützt die Haltung, verbessert die Rumpfstabilität und beugt Rückenschmerzen vor.

  • Sensibilität und Sexualität: Ein trainierter Beckenboden sorgt für eine bessere Durchblutung im Intimbereich, was die Empfindsamkeit steigern und sexuelle Reize intensiver machen kann.

Wie viele andere Muskelgruppen kann auch der Beckenboden geschwächt werden, z. B. durch Übergewicht oder mangelnde Bewegung. Oft geschieht das schleichend, und die Bedeutung des Beckenbodens wird uns erst bewusst, wenn Beschwerden auftreten.

Warum ein gesunder Beckenboden für jede Lebensphase wichtig ist

Vielleicht hast du bisher keine konkreten Beschwerden, das ist großartig. Umso mehr lohnt es sich, deinem Beckenboden regelmäßig Aufmerksamkeit zu schenken. Ein starker Beckenboden wirkt nicht nur vorbeugend gegen Inkontinenz, sondern stärkt auch deine Körperwahrnehmung und schenkt dir im Alltag ein stabiles, sicheres Gefühl: beim Niesen, Husten, Lachen, Springen und Heben. Selbst wenn du keine Beschwerden hast, kann es sinnvoll sein, den Beckenboden bewusst zu trainieren, zur Vorbeugung und zur allgemeinen Kräftigung.

 Ein gut funktionierender Beckenboden ist besonders wichtig nach Schwangerschaften, in den Wechseljahren oder nach Operationen. Frauen sind häufiger von Inkontinenz betroffen, da hormonelle Veränderungen, Geburten und gynäkologische Eingriffe den Beckenboden belasten können. Aber auch Männer, etwa nach einer Prostataoperation, können von einem gezielten Beckenboden-Training profitieren.5 Es kann dabei unterstützen, Beschwerden wie ungewollten Urinverlust, ein Druckgefühl im Unterleib oder auch Rückenschmerzen vorzubeugen oder zu lindern.

 Wenn du frühzeitig beginnst, deinen Beckenboden zu pflegen und zu stärken, tust du viel für deine Gesundheit und dein Wohlbefinden, ganz unabhängig davon, in welcher Lebensphase du dich gerade befindest.

Kegel-Übungen: So trainierst du deinen Beckenboden Schritt für Schritt

Kegel-Übungen können dir helfen, die Beckenbodenmuskulatur zu kräftigen und die Kontrolle über Blase und Darm zu verbessern. Geduld und Regelmäßigkeit sind dabei besonders wichtig. So kannst du schon nach wenigen Wochen erste positive Veränderungen spüren.

Die Original-Kegel-Übungen, erstmals beschrieben von Dr. Arnold Kegel in den späten 1940er Jahren, bilden die Grundlage des modernen Beckenbodentrainings. Sie umfassen gezielte Anspannung und Entspannung der Beckenbodenmuskulatur als einfache, aber wirkungsvolle Methode, ohne spezielles Equipment und leicht in den Alltag integrierbar.6

So machst du die Kegel-Übungen richtig:

  1. Finde eine entspannte Ausgangsposition. Setze dich bequem auf einen Stuhl oder lege dich auf den Rücken. Deine Beine dürfen leicht angewinkelt und ganz entspannt sein.

  2. Spanne den Beckenboden gezielt an. Stell dir vor, du möchtest den Urinfluss zurückhalten.
     Nur die Beckenbodenmuskulatur soll arbeiten – nicht Bauch, Gesäß oder Oberschenkel.

  3. Halte die Spannung und löse bewusst. Halte die Anspannung etwa 5 Sekunden lang. Dann entspanne die Muskulatur für mindestens 5 Sekunden. Bitte nicht die Luft anhalten. Atme die ganze Zeit ruhig weiter.

  4. Wiederhole die Übung 10-mal. Wechsle zwischen Anspannen und Entspannen insgesamt 10-mal hintereinander.

  5. Steigere dich langsam. Mit etwas Übung kannst du die Haltezeit auf bis zu 10 Sekunden verlängern. Führe diese Übung idealerweise 2- bis 3-mal täglich durch.

Abbildung einer sitzenden Person, die Aufzugsbewegungen simuliert. Der deutsche Text beschreibt Übungen, die Aufzugsbewegungen nachahmen.
Infografik-Anleitung für die Fahrstuhlübung im Rahmen des Beckenbodentrainings

Integriere die Übung in deinen Alltag

Beckenbodentraining muss kein zusätzlicher Termin im ohnehin schon oft vollen Tagesplan sein. Es lässt sich wunderbar in den Alltag einbauen. Mit kleinen Gewohnheiten und bewusstem Üben kannst du viel erreichen, ohne dass es viel Zeit kostet.

  1. Nutze Wartezeiten: Beim Zähneputzen, an der Ampel, beim Warten an der Kasse oder während der Kaffee kocht. Das sind ideale Momente, um kurz den Beckenboden anzuspannen.

  2. Im Sitzen üben: Im Büro, im Auto oder beim Fernsehen – setze dich aufrecht hin, spanne den Beckenboden einige Sekunden lang an und entspanne ihn wieder. Am besten mehrmals hintereinander.

  3. Beim Heben von Gegenständen: Spanne den Beckenboden jedes Mal kurz an, wenn du z.B. voll gepackte Einkaufstüten oder andere schwere Gegenstände trägst. Das schützt ihn zusätzlich.

  4. Bei körperlicher Aktivität: Auch beim Spazierengehen, Radfahren oder Yoga kannst du dich immer wieder auf deine Körpermitte konzentrieren und die Beckenbodenmuskulatur bewusst aktivieren.

  5. Erinnere dich regelmäßig ans Training: Kleine Reminder im Smartphone, Haftnotizen am Spiegel oder farbige Punkte an Orten, die du oft siehst, können dir helfen, das Üben nicht zu vergessen.

  6. Vergiss die Atmung nicht: Achte beim Üben auf eine ruhige, gleichmäßige Atmung. Der Beckenboden arbeitet im Einklang mit dem Zwerchfell, bewusstes Atmen unterstützt das Training.

  7. Mach es zur Gewohnheit: Integriere das Training z. B. jeden Morgen oder Abend für ein paar Minuten in deinen Alltag, ähnlich wie das Zähneputzen. Kleine Rituale erleichtern es dir, neue Gewohnheiten dauerhaft zu verankern.

Auch wenn die Übungen von außen nicht sichtbar sind, wirkt regelmäßiges Training nachhaltig. Ohne großen Aufwand genügen ein paar Minuten täglich, um den Beckenboden zu stärken.

So vermeidest du häufige Fehler

Viele Menschen verkrampfen beim Beckenbodentraining oder spannen die falschen Muskeln an, z. B. den Bauch, den Po oder die Oberschenkel, statt gezielt den Beckenboden. Außerdem trainieren manche zu schnell oder zu intensiv, was im weiteren Verlauf zu Verspannungen und Erschöpfung führen kann. Achte deshalb immer auf folgende Punkte. So erreichst du bessere Ergebnisse und beugst Verletzungen oder Verspannungen vor:

  • Spanne ganz bewusst nur die Beckenbodenmuskulatur an und halte die umliegenden Muskeln dabei entspannt.

  • Führe die Übungen immer langsam und kontrolliert durch.

  • Nimm dir Zeit, um die richtige Technik zu lernen, z. B. in einem Kurs oder mit einem geeigneten Übungsvideo aus dem Internet.

  • Überfordere dich nicht. Steigere Trainingsdauer und -intensität immer nur langsam.

  • Atme während der Übungen ruhig und gleichmäßig, um keine zusätzliche Anspannung zu erzeugen.

Warum Regelmäßigkeit entscheidend ist

Wie bei jedem Muskeltraining ist auch beim Beckenboden die Regelmäßigkeit der Schlüssel zum Erfolg. Ein einmaliges Üben oder gelegentliches Anspannen bringt leider keine spürbaren Veränderungen. Erst durch wiederholtes, bewusstes Training wird die Muskulatur stärker, belastbarer und kontrollierbarer.

Da der Beckenboden tief im Körper liegt und wir ihn kaum bewusst wahrnehmen, braucht er Zeit, um seine Kraft Schritt für Schritt wieder aufzubauen. Erste spürbare Verbesserungen stellen sich meist nach einigen Wochen ein – vorausgesetzt, du bleibst dran. Kleine, tägliche Trainingseinheiten von nur wenigen Minuten sind oft wirkungsvoller als seltene, längere Übungen.

Regelmäßigkeit bedeutet nicht, perfekt sein zu müssen. Es ist völlig in Ordnung, auch mal einen Tag Pause zu machen. Wichtig ist, die Übungen fest in deinen Alltag zu integrieren und immer wieder darauf zurückzukommen. Je mehr Routine entsteht, desto leichter fällt es dir, dranzubleiben und desto nachhaltiger ist der Erfolg.

Mit Geduld, Konsequenz und einem freundlichen Blick auf dich selbst kann das Beckenbodentraining nicht nur helfen, Beschwerden zu lindern oder vorzubeugen, sondern auch dein Körpergefühl stärken.

Das sagt die Wissenschaft zur Wirksamkeit von Beckenbodentraining

Zahlreiche wissenschaftliche Studien bestätigen: Beckenbodentraining ist eine wirksame Methode zur Behandlung und Vorbeugung von Harninkontinenz, insbesondere bei Frauen.1 Daher gilt Beckenbodentraining heute als eine der wichtigsten nicht-medikamentösen Maßnahmen in der Inkontinenztherapie und wird von nationalen und internationalen Fachgesellschaften als erste Behandlungsoption empfohlen.5

Eine Übersichtsarbeit der Cochrane Collaboration, einer international anerkannten Forschungsorganisation, zeigt, dass gezieltes Beckenbodentraining bei Frauen mit Belastungsinkontinenz (z.B. beim Husten, Niesen oder Sport) zu einer deutlichen Verbesserung der Beschwerden führen kann. Auch bei Mischformen und leichter Dranginkontinenz wurden positive Effekte beobachtet.1

In einer wissenschaftlichen Auswertung von mehreren Studien wurden Frauen, die regelmäßig ihren Beckenboden trainierten, mit solchen verglichen, die keine Übungen machten, mit klaren Ergebnissen: Die trainierende Gruppe hatte eine bessere Blasenkontrolle, weniger ungewollten Urinverlust und berichtete über eine höhere Lebensqualität.3

Auch nach Geburten oder gynäkologischen Operationen kann regelmäßiges Beckenbodentraining den Heilungsverlauf fördern und das Risiko für spätere Inkontinenz deutlich senken.2 Fachgesellschaften empfehlen deshalb Beckenbodentraining als erste Maßnahme, noch vor Medikamenten oder Operationen.5

Die wichtigsten Forschungsergebnisse auf einen Blick:

  • Frauen, die Beckenbodentraining über 6 Monate oder länger durchführen, erzielen stabilere Therapieerfolge als jene, die vorzeitig aufhören.3

  • Schon 2–3 kurze Einheiten pro Woche können reichen, um das erreichte Niveau langfristig zu erhalten.1

  • Beckenbodentraining, das in der Schwangerschaft begonnen und nach der Geburt fortgesetzt wird, senkt in den ersten drei bis sechs Monaten nach der Geburt das Risiko für Harnverlust im Vergleich zu keiner Trainingsmaßnahme.2

Was ist Biofeedback-gestütztes Beckenbodentraining?

Biofeedback ist eine moderne, technische Unterstützung für das Beckenbodentraining. Es ist besonders hilfreich, wenn es schwerfällt, die Beckenboden-Muskulatur bewusst wahrzunehmen und gezielt anzusteuern. Das geht vielen Menschen so. Schließlich arbeitet der Beckenboden größtenteils im Verborgenen und ist deshalb am Anfang oft schwer zu kontrollieren.

Hier setzt Biofeedback an. Mithilfe kleiner Geräte wird die Aktivität der Beckenboden-Muskulatur gemessen, z. B. über eine feine Sonde (vaginal oder anal) oder Sensoren auf der Haut. Die gemessene Muskelanspannung wird dann in Echtzeit sichtbar gemacht: auf einem Bildschirm, über eine App, durch Ton- oder Lichtsignale. Auf diese Weise erhalten Trainierende eine unmittelbare Rückmeldung darüber, ob sie Übung richtig ausführen und wie gleichmäßig ihre Beckenboden-Muskulatur arbeitet.

Das Sichtbarmachen durch das Biofeedback kann vor allem hierbei unterstützen:

  • Es hilft, den Beckenboden genauer und sicherer zu spüren.

  • Es kann das Training gezielter und effektiver machen.

  • Es erhöht die Motivation, weil Fortschritte direkt erkennbar werden.

Wann ist Biofeedback sinnvoll?

Biofeedback kann in vielen Situationen hilfreich sein. Wenn du z. B. Schwierigkeiten hast, deinen Beckenboden zu finden oder richtig anzuspannen, kannst du ihn mit dieser Unterstützung besser wahrnehmen. Das betrifft besonders Menschen nach längerer körperlicher Inaktivität. Auch nach einer Geburt oder eine Operation kann das Biofeedback sinnvoll sein, weil das Körpergefühl dann verändert ist oder der Beckenboden sich manchmal wie „taub“ anfühlt.

Darüber hinaus kann Biofeedback hilfreich sein, wenn das alleinige Beckenbodentraining bisher keine ausreichende Wirkung gezeigt hat, z. B. bei anhaltender Inkontinenz oder Schwierigkeiten, den Muskel gezielt zu aktivieren. Häufig gehört es auch zu einer physiotherapeutischen Behandlung oder ist fester Bestandteil eines Reha-Programms.

Wie läuft das Biofeedback-Training genau ab?

Das Training beginnt oft unter physiotherapeutischer Anleitung und kann dann mit geeigneten Geräten zu Hause fortgesetzt werden. Dabei wird meist eine kleine Sonde anal oder vaginal eingeführt oder ein Sensor auf der Haut angebracht, der die Muskelspannung misst. Während der Übungen zeigt ein Bildschirm oder eine App an, ob die Bewegung korrekt ist, wie stark der Muskel arbeitet und ob Fortschritte erkennbar sind.

Die Muskelaktivität wird also beim Training visuell zurückgemeldet, indem sich ein Symbol (z. B. ein Ball) auf dem Bildschirm hebt, wenn der Muskel angespannt wird, und wieder absenkt, wenn er entspannt. Diese visuelle Rückmeldung hilft dir dabei, mehr Kontrolle über deinen Beckenboden zu gewinnen und die Übungen gezielt zu verbessern.

Inzwischen gibt es auch einfache Heimgeräte mit App-Unterstützung, die das Training zu Hause erleichtern. Sie bieten eine Anleitung, zeigen deinen Fortschritt an und erinnern dich ans tägliche Üben.

Langzeiteffekte des Beckenbodentrainings: Lohnt sich das Durchhalten?

Ganz klar: Ja, regelmäßiges Beckenbodentraining zahlt sich für dich langfristig aus, und zwar nicht nur, wenn bereits Beschwerden wie Inkontinenz bestehen. Studien und Erfahrungsberichte zeigen, dass gezieltes Training über Wochen und Monate nicht nur bestehende Beschwerden lindern, sondern auch die Funktion und Stabilität deines Beckenbodens nachhaltig verbessern kann.1,3

Deshalb solltest du unbedingt dranbleiben:

  • Deutlich weniger Harnverlust: Beckenbodentraining erhöht bei Frauen mit Harninkontinenz im Vergleich zu keiner Behandlung die Wahrscheinlichkeit, dass keine Inkontinenz mehr auftritt oder sich die Beschwerden bessern. Es kann den unfreiwilligen Harnverlust verringern und die Lebensqualität verbessern.1

  • Bessere Kontrolle und ein feineres Körpergefühl: Du entwickelst mehr Bewusstsein für An- und Entspannung und kannst im Alltag gezielter gegensteuern, beispielsweise, bevor du schwere Gegenstände hebst.

  • Weniger Rückfälle: Ein trainierter Beckenboden kann helfen, das Wiederauftreten von Beschwerden zu vermeiden, vor allem nach Schwangerschaften, Operationen oder in den Wechseljahren.

  • Stärkung deiner Körpermitte: Weil dein Beckenboden eng mit Bauch- und Rückenmuskulatur zusammenarbeitet, unterstützt er auch eine bessere Haltung und Rückengesundheit.

  • Mehr Lebensqualität: Du gewinnst an Selbstsicherheit, musst weniger Angst vor „Pannen“ haben und entwickelst ein stärkeres Körperbewusstsein, was sich auch positiv auf dein seelisches Wohlbefinden auswirken kann.

Beckenbodentraining ist also keine kurzfristige Lösung, sondern eine nachhaltige Investition in deine Gesundheit, deine Selbstbestimmung und dein Wohlbefinden. Die Übungen sind vergleichbar mit regelmäßigem Rückentraining oder sorgfältiger Zahnpflege. Du musst dafür kein Sportprofi sein, sondern einfach nur anfangen und konsequent dranbleiben.

Ein starker Beckenboden begleitet dich verlässlich durch alle Lebensphasen, besonders dann, wenn dein Körper Belastungen oder hormonellen Veränderungen ausgesetzt ist. Er kann nicht nur vorbeugend wirken, sondern auch helfen, Beschwerden wie ungewollten Harnverlust zu lindern und die Kontrolle über Blase und Darm zurückzugewinnen.

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  1. Dumoulin, C., Cacciari, L. P., & Hay‑Smith, E. J. C. (2018). Pelvic floor muscle training versus no treatment, or inactive control treatments, for urinary incontinence in women. Cochrane Database of Systematic Reviews, 10, Art. CD005654.

  2. Woodley, S. J., Lawrenson, P., Boyle, R., Cody, J. D., Mørkved, S., Kernohan, A., & Hay‑Smith, E. J. C. (2020). Pelvic floor muscle training for preventing and treating urinary and faecal incontinence in antenatal and postnatal women. Cochrane Database of Systematic Reviews, 5, Art. CD007471.

  3. Dumoulin, C., Cacciari, L. P., & Hay‑Smith, E. J. C. (2015). Short version Cochrane systematic review with meta‑analysis: Pelvic floor muscle training versus no treatment, or inactive control treatments, for urinary incontinence in women. Neurourology and Urodynamics, 34(4), 300–308.

  4. Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF): S3-Leitlinie Prostatakarzinom, Langversion 8.0, 2025, AWMF-Registernummer: 043-022OL https://www.leitlinienprogramm onkologie.de/leitlinien/prostatakarzinom/; Zugriff am [06.08.2025]

  5. AWMF-Registernummer 015/091. S2k-Leitlinie: Harninkontinenz der Frau. Herausgebende Fachgesellschaft: Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V. (DGGG). März 2022. Verfügbar unter: https://register.awmf.org/assets/guidelines/015-091l_S2k_Harninkontinenz-der-Frau_2022-03.pdf

  6. Progressive resistance exercise in the functional restoration of the perineal muscles Kegel, Arnold H. American Journal of Obstetrics & Gynecology, Volume 56, Issue 2, 238 – 248, August 1948

Autor:in

Stephan Hillig

Dipl.-Psych. Stephan Hillig
Stephan Hillig ist Diplom-Psychologe und Content-Manager. Er studierte Psychologie, Psychiatrie und Neurologie und arbeitete danach über zehn Jahre als Medizin-Journalist, Redakteur und Ressortleiter in verschiedenen Verlagen und für unterschiedliche Zeitschriften. Am liebsten schreibt er über Gesundheitsthemen, die zeigen, wie eng und kraftvoll Körper und Psyche miteinander verzahnt sind, sowie Texte, die Menschen dabei unterstützen, gesund zu bleiben oder schnell wieder zu werden.

Geprüft von

Dr. Christina Pfister

Team Lead GMA
Biochemist